Die Energiewende wird vor Ort umgesetzt. Städte, Gemeinden und Nachbarschaften sind zentral bei der Transformation des Energiesystems. Kommunen spielen strategisch und operativ eine besondere
Rolle. Die PaDiSo-Politikimpulse geben wesentliche Empfehlungen auf empirischer Basis, die in kommunalen Lernwerkstätten diskutiert wurden.
Dabei geht es darum, Strukturen aufzubauen und Anreize für interkommunale Zusammenarbeit zu schaffen sowie Finanzierungsmöglichkeiten für Kommunen auf deren Bedürfnisse und Rahmenbedingungen
anzupassen. Eine weitere Handlungsempfehlung des Projektes zielt darauf ab, Teilhabe im Zentrum der Energiewende zu verankern mit Kommunen als Treiber für Verfahrens- und
Verteilungsgerechtigkeit. Auch empfiehlt es sich Planungsprozesse im Energiebereich optimal mit anderen klimaschutzrelevanten Bereichen zu verknüpfen und mit integrierter Energieleitplanung und
integrierten Planungsansätzen Synergien zu schaffen und sektorenübergreifendes Handeln von Kommunen zu etablieren.
Kommunen spielen bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort eine zentrale Rolle. Aber wie können sie lokal eine passende Vision für ein klimaneutrales Energiesystem entwickeln? Wie können sie sich bei der Entscheidungsfindung für Energieprojekte orientieren und die Bürgerinnen und Bürger dabei mitnehmen? Die Broschüre „Die regionale Energiewende gestalten“ zeigt kommunalen Akteuren, welche Gestaltungsmöglichkeiten sie haben, wie sie sich organisieren und voneinander lernen können. Sie entstand im Projekt „Partizipation im digitalisierten Energiesystem durch soziale Innovationen“ (PaDiSo) mit Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Der Workshop „Die regionale Energiewende gestalten – soziale Innovationen als Wegbereiter der Transformation“ knüpfte an die im Projekt PaDiSo durchgeführten Lernwerkstätten an, bei denen Kommunen sich zur Transformation des Energiesystems und zur Rolle sozialer Innovationen ausgetauscht haben. Der Workshop hatte das Ziel, exemplarisch aufzuzeigen, was soziale Innovationen sind und welche Rolle sie als Wegbereiter in der Energiewende auf regionaler bzw. kommunaler Ebene spielen. Die Dokumentation fasst die inhaltlichen Beiträge sowie die Diskussion zusammen, die dazu geführt wurden, welche lokalen Voraussetzungen beispielsweise die Historie des Ortes oder geographische Lage es gibt, wie Bürgerbeteiligung gelingen kann und welche Forschungsbedarfe bestehen.
Diese Fallstudie untersucht in drei benachbarten Orten in Sachsen-Anhalt die Soziale Innovation der partizipativen Experimentierräume. Alle Orte liegen im Umfeld eines Windparks mit etwa 40 Windenergieanlagen, die von drei Windenergieunternehmen verwaltet werden. Das größte dieser Windenergieunternehmen versteht sich nicht nur als wirtschaftlicher Akteur, sondern setzt sich auch für eine faire, lokale Energiewende ein. Zu diesem Zweck arbeitet das Windparkunternehmen mit den lokalen Entscheidungsträger*innen zusammen. Das sind drei ehrenamtliche Bürgermeister*innen, die gewählte Bürger*innenvertretung im Windparkbeirat sowie die Vorsitzenden der drei örtlichen Fördervereine.
Gemeinsam bilden sie die hier untersuchte Soziale Innovationsinitiative, die gemeinsam partizipative Experimentierräume vor Ort gestaltet. Dabei experimentiert die Initiative mit mehreren Dimensionen der Energiewende:
1. Sie probiert verschiedene Modelle für eine breite lokale Wertschöpfung aus und
2. zielt damit auf die Teilhabe von Bürger*innen an der Energiewende ab, um
3. die Wertschätzung von Windenergie in den betroffenen Orten und bei den involvierten Verwaltungseinheiten zu verbreiten.
Die Infrastruktur des Windparks ist stark in die lokalen Praktiken eingebettet. Dies ist auch Ergebnis des Infrastrukturierungsprozesses, den die Soziale Innovationsinitiative kontinuierlich vorantreibt. Dazu gehört, dass regelmäßig Aushandlungen zwischen den lokalen Akteuren und dem Windparkunternehmen stattfinden. Auf dieser Grundlage konnte eine neue Organisationsweise, nämlich eine Bürgerenergiegenossenschaft etabliert werden. In ihr mündete die jahrelange Zusammenarbeit der Bürgermeister*innen, des Windparkunternehmens und der Fördervereine mit den Bürger*innen in den drei Orten. In der Bürgerenergiegenossenschaft zeigt sich die Vorreiterrolle, die diese Soziale Innovationsinitiative innehat. Sie stellt eine weitere Stufe der Partizipation im Energiesystem dar und hat sich aus der anfänglichen Pionierleistung von Einzelnen heraus entwickeln können. Denn: Die Akteure haben über Jahre gemeinsam mit Partizipation experimentiert, um lokal passfähige Formate zu finden, die den Windpark in die Gemeinschaft vor Ort einbetten.
Ziel des Projektes PaDiSo ist es, im Kontext von Institutionalisierungsarbeit und Infrastrukturierung die für die Entstehung und Entwicklung von sozialen Innovationen zentralen sozio-materiellen Relationen herauszuarbeiten. Die Sozialen Innovationen der lokalen Energieproduktion und -konsumtion stellt in der Form der hier untersuchten Ortschaft gemeinsam mit ihrer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (=soziale Innovationsinitiative) eine neue Organisationsform im Energiesystem dar.
Auf Grundlage dieser neuen sozio-materiellen Relationen ergeben sich neue Handlungsweisen in der Auseinandersetzung mit Energie auf lokaler Ebene. Energiekommune sein heißt in diesem Fall, sich durch neue soziale Beziehungen langfristig Handlungsspielräume zu eröffnen und zu erhalten. Mit der Umstellung der Energieversorgung der Siedlung von Kohleöfen auf ein Nahwärmenetz mit Biogas entstanden neue Beziehungen im direkten Wohnumfeld der Bergbausiedlung. Genau diese regionale Zusammenarbeit ist auch der entscheidende Faktor für die Institutionalisierungsarbeit der sozialen Innovationsinitiative, die sich vor allem auf das Verändern von Denkmustern stützt, um eine neue Organisationsweise der Energieversorgung – nämlich dezentral und kooperativ – vor Ort zu etablieren. Indem Energie nicht mehr nur als gelieferte Ware von weit entfernten Orten gesehen wurde, sondern als lokal produzierbares Gut, konnte eine Dezentralisierung der Energieversorgung erreicht werden.
Die Fragensammlung bietet einen Überblick, über Schlüsselfragen, die Kommunen in Gesprächen mit Projektierern Erneuerbarer-Energie-Anlagen helfen sollen, die lokale Wertschöpfung zu sichern und die größtmöglichen Vorteile für Bürgerinnen und Bürger und die Kommune insgesamt zu erreichen. Inhaltlich gliedern sich die Fragen in die Themenschwerpunkte „Wertschöpfung“, „Planung“, „Beteiligung“ und „Vernetzung“, wobei die Auswahl und Formulierung der Fragen in interkommunaler Abstimmung in den im Projekt „PaDiSo“ durchgeführten Lernwerkstätten erfolgte. Neben den Fragen beinhaltet das Dokument zudem Verweise auf bestehende Leitfäden und Hilfestellungen.
Der Fallstudienbericht behandelt das Konzept „Energy Sharing“ und rekonstruiert die Entwicklungen, die es seit 2020 durchlaufen hat, als sozialen Innovationsprozess. Energy Sharing kann als ein neuartiges Modell dezentraler Energieversorgung bezeichnet werden, bei dem bestimmte Akteure eines räumlichen Kontextes gemeinschaftlich erzeugten Strom lokal tauschen und verteilen. Damit erweist es sich nicht nur als interessanter Fall, weil es mit bestehenden strukturellen Denkweisen bricht und neue Formen sozialen Handelns hervorbringt. Vor dem Hintergrund der Transformation des Energiesystems und weiteren damit in Verbindung stehenden gesellschaftlichen Problemlagen, bildet Energy Sharing als soziale Innovation im Energiesystem (SIE) auch eine vielversprechende Antwort auf brisante Fragen der kommunalen Energiewende. Es zeigt sich allerdings, dass für eine flächendeckende Umsetzung bislang keine entsprechenden institutionellen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, weshalb Energy Sharing sein Potenzial noch nicht ausschöpfen kann.
Werden Erneuerbare-Energie-Anlagen neu gebaut oder an bestehenden Standorten ersetzt („re-powered“), so fallen einerseits Investitionskosten an, um die EE-Projekte zu finanzieren, und andererseits werden durch die Anlagen Gewinne erwirtschaftet. An Kosten und Gewinnen der EE-Anlagen können Bürger*innen über unterschiedliche Modelle beteiligt werden. Für die vorliegende Fallstudie konzentrieren wir uns auf eine neuere Form der digitalen, finanziellen Bürger*innenbeteiligung: die Schwarmfinanzierung („Crowdinvesting“) über Nachrangdarlehen. Es handelt sich hierbei um eine Fremdkapitalbeteiligung ohne Mitspracherechte und gehört damit zu den passiven Beteiligungsformen. Diese Form der finanziellen Beteiligung wird hier untersucht, weil sie in der Praxis zwar äußerst weit verbreitet ist, aber in der sozialwissenschaftlichen Literatur zur Energiewende wenig besprochen wird.
Was ihre Energieversorgung betrifft, müssen Kommunen sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten neu erfinden. Die Aufgaben sind enorm. Aber wo fängt man an? Die Herausforderungen jeder Kommune mögen spezifisch sein, aber bei der Erarbeitung von Konzepten sind sie nicht allein. Austausch und Vernetzung untereinander kann sie bei der Bewältigung der Energiewende vor Ort unterstützen. Wissenschaft und Praxis haben ein neues Format entwickelt, wie dies gelingen kann: Kommunale Lernwerkstätten. In Sachsen-Anhalt wurde das Format erprobt.
Fazit: Bei sorgfältiger Planung können solche Vernetzungsworkshops dazu beitragen, Akteure vor Ort in ihrer Handlungsfähigkeit zu stärken. Diese Kurzbroschüre des transdisziplinären Forschungsprojektes „Soziale Innovationen im Energiesystem“ (PaDiSo) stellt die Erfahrungen vor, die bei der Durchführung von drei Lernwerkstätten gesammelt wurden.